Anlässlich eines Sozialgerichtsverfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien ist eine Entscheidung ergangen, die möglicherweise für eine Anzahl von Pensionsberechtigten, die im Zuge ihres Erwerbslebens Versicherungsansprüche in der Schweiz und in Österreich erworben haben, von Bedeutung ist.
Im konkreten Fall machte eine Schweizer Bürgerin, die mit einem Österreicher verheiratet war und bei ihrer Übersiedlung nach Österreich neben Pensionszeiten in der Schweiz auch eine freiwillige Pensionsversicherung für Auslandsschweizer weiter bezahlt hatte, nach dem Tod ihres Ehegatten in Österreich ihren Anspruch auf Witwenpension geltend. Das Recht auf Hinterbliebenenpension sieht vor, dass Ansprüche, je nach der Höhe der Eigenpension, gekürzt werden. Im konkreten Fall wurde die gesamte, von der Schweizer AHV unter Berücksichtigung der Auslandsschweizerversicherung gewährte, Pension als Berechnungsgrundlage für die Kürzung des Anspruchs auf Witwenpension nach dem verstorbenen Österreicher herangezogen.
Diese Vorgangsweise wurde vom Arbeits- und Sozialgericht Wien für gesetzwidrig erklärt. Die Auslandsschweizerversicherung ist nämlich keine Pflichtversicherung. Die Beiträge wurden neben einer allenfalls bestehenden Pflichtversicherung in Österreich freiwillig geleistet. Es handelt sich daher dem Wesen nach um eine freiwillige Weiter- oder Höherversicherung. Nach den geltenden Bestimmungen über die Hinterbliebenenpension, die im Übrigen auch europarechtlich verankert sind, sind Ansprüche aus freiwilligen Versicherungen nicht zur Kürzung heranzuziehen. Eine Beurteilung ist auch für den Nichtjuristen möglich, weil die AHV bei der Bekanntgabe des erworbenen Pensionsanspruchs mitteilt, welcher Teil der bezogenen Pension aufgrund der Auslandsschweizerversicherung gewährt wird.
Es dürfte gängige Praxis der österreichischen Pensionsversicherungen gewesen sein, ohne Differenzierung zwischen Pensionsansprüchen aus Pflichtversicherung und Pensionsansprüchen aus freiwilliger Versicherung die Hinterbliebenenpension zu kürzen. Es wurden dadurch zu geringe Hinterbliebenenpensionen bewilligt und ausbezahlt.
Das Thema wird in Zukunft einiges von seiner Relevanz verlieren, weil im Jahre 2007 die Auslandsschweizerversicherung aufgehoben wurde und danach keine weiteren Ansprüche aus dieser Versicherung erworben werden konnten. Für die vor der Aufhebung eingezahlten Pensionsbeiträge und die daraus resultierenden Leistungen ist die Entscheidung aber präjudiziell.
Grundsätzlich können überhöhte Kürzungen sofort im Verfahren auf Gewährung einer Hinterbliebenenpension bekämpft werden. Es ist davon auszugehen, dass die Pensionsversicherungen aufgrund der ergangenen Entscheidung Reklamationen berücksichtigen müssten, wenn sie auf ihren Fehler hingewiesen werden. Tun sie dies nicht, kann der Fehlbetrag durch Klage beim Arbeits- und Sozialgericht geltend gemacht werden. Es können aber auch alte Entscheidungen, bei denen der Fehler nicht erkannt wurde, im Nachhinein bis zu 10 Jahre lang berichtigt werden.